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Das BAG hat mit Urteil vom 22.10.2009 (8 AZR 652/08) entschieden, dass allein der Ausspruch einer unwirksamen krankheitsbedingten Kündigung nicht die Annahme einer unzulässigen Diskriminierung wegen einer Behinderung rechtfertigt. In dem entschiedenen Fall sprach der Arbeitgeber gegenüber einem Arbeitnehmer eine Kündigung wegen häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten aus. Das vom Arbeitnehmer angerufene Arbeitsgericht stellte rechtskräftig die Unwirksamkeit der Kündigung fest. Daraufhin verlangte der Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe von 30.000,00 €, da er wegen einer Behinderung diskriminiert worden sei. Nach Aussage seiner Ärzte seien die betroffenen Fehlzeiten auf eine chronisch degenerative Erkrankung des Bewegungsapparats zurückzuführen, die eine Behinderung darstelle.

Das BAG hielt die Entschädigungsklage für unbegründet. Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gemäß § 7 Abs. 1 AGG voraus. Ein solches liegt nach Ansicht des BAG nicht vor. Selbst wenn man unterstellt, dass das von dem Arbeitnehmer angeführte Leiden eine Behinderung im Sinne des AGG darstellt, hat dieser nicht dargelegt, gegenüber einer anderen Person, bei der das Merkmal der Behinderung nicht vorliegt, eine weniger günstige Behandlung in vergleichbarer Situation erfahren zu haben: Es sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Arbeitgeber gegenüber einem anderen, nicht behinderten Arbeitnehmer mit Arbeitsunfähigkeitszeiten im gleichem oder auch nur in ähnlichem Umfang keine Kündigung ausspricht, ausgesprochen hat oder aussprechen würde. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass der Arbeitgeber mit krankheitsbedingten Kündigung überproportional behinderte Menschen trifft. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Arbeitgeber mit Ausspruch der Kündigung an eine mögliche Behinderung des Arbeitnehmers anknüpfen wollte oder die Kündigung zumindest auch dadurch motiviert war. Bereits der äußere Anschein spricht nach Ansicht des BAG gegen eine derartige Motivation, da der Arbeitgeber die Kündigung allein mit den arbeitsunfähigkeitsbedingten Fehlzeiten begründet hat. Ein gesetzliches Verbot, die Fehlzeiten zur Grundlage der Kündigung zu machen, existiert nicht. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer Träger eines Diskriminierungsmerkmals ist, reicht für die Annahme einer unzulässigen Benachteiligung nicht aus, da grundsätzlich jeder Mensch (etwa durch sein Geschlecht) behaupten könnte, durch eine Kündigung Opfer einer Diskriminierung geworden zu sein.

Diese Entscheidung macht die Grenzen möglicher Entschädigungsklagen im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Kündigung deutlich. Das Recht des Arbeitgebers, eine (gegebenenfalls unwirksame) Kündigung auszusprechen, wird durch die Vorschriften des AGG nicht berührt, solange die Kündigung nicht unmittelbar an ein Diskriminierungsmerkmal, sondern an betriebliche Ablaufstörungen, wirtschaftliche Belastungen, einen Vertrauensverlust oder andere von der Behinderung abgrenzbare Umstände anknüpft.